Fluggäste sind dumm und frech

(25.01.2018) Für gestern hatten das Amtsgericht Charlottenburg und der Insolvenzverwalter Flöther die Gläubiger der Air Berlin zur Versammlung geladen. Der Saal im Berliner Estrel Hotel war für 4000 Leute bestuhlt. Und gähnend leer: 150 Besucher saßen verstreut in den vorderen Reihen. Auf dem Podium: zwei Vertreter des Amtsgerichts, der Insolvenzverwalter und Herr Rechtsanwalt Kebekus, der Vertreter der Pleite-Airline. Presse war nicht zugelassen. So stand heute in den meisten Zeitungen auch nur das, was der Insolvenzverwalter ihnen vor der Versammlung gesteckt hatte: nämlich, es sei sowieso nichts zu holen und das Verfahren würde 10 Jahre dauern. Mit anderen Worten, man solle ihn bitte fürderhin in Ruhe lassen.

Die betrogenen Kunden und das Geld, das sie verloren haben, waren ihm und Herrn Kebekus denn auch keiner Erwähnung wert. Eigentlich, so Kebekus und Flöther auf Nachfrage, gebe es die überhaupt nicht und wenn, dann höchstens im Peanut-Maßstab von schlappen 30-40 Mio. Euro. Schätzungsweise. Denn genaue Zahlen hätten sie nicht. Wieso nicht? Keine Antwort. Und wo denn die in den letzten Quartalsberichten veröffentlichten Vorauszahlungen von 800 Mio Euro geblieben seien? Antwort: diese Bilanzen würden sie nicht kennen. Das war’s, zurück zur Tagesordnung.

Das Amtsgericht hatte vor vier Monaten einen Gläubigerausschuss ernannt. Ein Mitglied war vor der gestrigen Versammlung zurückgetreten und musste ersetzt werden. Das Gesetz sieht vor, dass auch die Kleingläubiger im Gläubigerausschuss vertreten sein sollen. Da ich 400 geschädigte Fluggäste mit Forderungen zwischen 100 und 8000 Euro vertrete, beantragte ich, in den Gläubigerausschuss gewählt zu werden. Das Wahlergebnis zeigte die Machtverteilung in der Versammlung: Commerzbank, Eurowings, Leasinggesellschaften und die Bundesagentur für Arbeit hatten zusammen 99 % der Stimmen. Und die nutzten sie, um im Gläubigerausschuss unter sich zu bleiben: sie wählten lieber einen weiteren Vertreter aus ihren Reihen – was interessieren uns die Rechte der Fluggäste?

Was bleibt festzuhalten? Die ehemalige Staatsfluglinie, an die das Tafelsilber von Air Berlin verscherbelt wurde, ihre Tochter Eurowings, die zu wesentlichen Teilen im Staatsbesitz befindliche Commerzbank, das Luftfahrtbundesamt, die Arbeitsagentur und die dahinterstehenden Ministerien, das Management, das die Kunden betrogen hat, der Insolvenzverwalter: sie halten zusammen. Oder, um ein berühmtes Wort des Bankiers Fürstenberg abzuwandeln: Fluggäste sind dumm und frech. Dumm, weil sie den Flugpreis im Voraus bezahlen, frech, weil sie dafür auch noch fliegen wollen.

Unser Weg, ihre Rechte bis zum Bundesgerichtshof durchzufechten, wird steinig. Aber wir werden ihn gehen.

https://airberlin-regress.de

1 Kommentar zu „Fluggäste sind dumm und frech“

  • Ulrike Dölle:

    Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Bericht. Ich habe von diesem Termin leider nicht gewusst, bin aber gerne bereit, zu solchen Versammlungen zu gehen.

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