The Winner takes it all…

(31.03.2014) … und der Verlierer zahlt es. So ist es jedenfalls in Deutschland und in den meisten Ländern (anders als z.B. in den meisten Bundesstaaten der USA, in Japan und Taiwan). Wer einen anderen verklagt und den Prozess verliert, darf nicht nur seine eigenen Anwaltskosten, die Kosten einer Beweisaufnahme und die Gerichtskosten bezahlen, sondern auch noch die Kosten des Gegenanwaltes. Bei einem Prozess um, beispielsweise, 800 EUR kommt da schnell der gleiche Betrag zusammen, um den es überhaupt geht – in der ersten Instanz. Geht es in die zweite, wird es noch teurer.

Etwas gemildert ist dieses Prinzip im Arbeitsrecht. Dort trägt – wenn auch nur in der ersten Instanz – jede Partei ihre Kosten selbst, egal wie der Rechtsstreit ausgeht. Das Prozessrisiko für den Arbeitnehmer halbiert sich dadurch (das des Arbeitgebers freilich auch). Wahrscheinlich nur deshalb hat eine Praktikantin es gewagt, vor Gericht 17.000 Euro von dem Unternehmen zu fordern, das sie monatelang als „Praktikantin“ unbezahlte Arbeit hat leisten lassen – und vor dem Arbeitsgericht Bochum Recht bekommen.

Waffengleichheit im Prozess besteht dennoch nicht zwischen Privatpersonen und Unternehmen. Das Unternehmen kriegt, anders als die Privatperson, die Umsatzsteuer auf seine Anwaltskosten vom Finanzamt zurück, was diese Position für das Unternehmen schon einmal um rund ein Sechstel verbilligt. Außerdem kann es sämtliche Kosten auch eines verlorenen Rechtsstreits als Betriebskosten geltend machen. Das kann ein Verbraucher überhaupt nicht, ein Arbeitnehmer möglicherweise als Werbungskosten, aber da sein persönlicher Steuersatz in der Regel deutlich geringer ist als der des Unternehmers incl. dessen Gewerbesteuer, ist auch seine Steuerersparnis deutlich geringer. Abgesehen davon profitiert das Unternehmen in der Regel von der „Prozessdividende“: es kann darauf bauen, dass nur ein Teil derjenigen, die berechtigte Ansprüche haben, diese auch durchsetzen. Im Fall von Verspätungsentschädigungen bei Fluggesellschaften sind es zum Beispiel nur rund ein Zehntel – gerade weil die Unternehmen praktisch jeden abwimmeln, der auf seine Recht pocht. Ohne Anwalt und Gerichtsverfahren kommt hier praktisch kein Verbraucher zu seinem Geld. Bei dem, was die Unternehmen auf diese Weise sparen, sind in den Fällen, die sie dann tatsächlich verlieren, die Prozesskosten längst schon eingespielt.

Hier wäre schon seit langem der Gesetzgeber gefragt. Interessanterweise gibt es längst einen Ansatz, wie man die geschilderte Waffenungleichheit beseitigen könnte, nämlich durch eine asymmetrische Kostenverteilung, wie sie bei Aktionärsklagen vorgesehen ist. Klagt ein Aktionär gegen eine Entscheidung der Hauptversammlung, dann können die Kosten, die er der Gegenseite zu erstatten hat, wenn er verliert, deutlich geringer festgesetzt werden als die Kosten, die die Gesellschaft zu erstatten hat, wenn diese den Rechtsstreit verliert. Was für Aktionäre recht ist, sollte eigentlich für Verbraucher billig sein. Aber bis der Gesetzgeber das begreift oder sich auch nur dafür interessiert, werden noch viele Verbraucher und Arbeitnehmer von Unternehmen über den Tisch gezogen werden…

Kommentieren


× sieben = 49