Es gibt Freunde, wenn man die hat, braucht man keine Feinde mehr

(08.12.2014) Ein Jugendlicher hat Mist gebaut. Raubüberfall auf offener Straße. Der Anspruch des Geschädigten, eines Bekannten von mir, ist klar wie Kloßbrühe, daran gibt es nichts zu deuteln. Mein Mandant sinnt nicht auf Rache, er will großzügig sein, will die Sache aus seinem Kopf haben, ich sie vom Tisch. Ich schreibe der Anwältin des Jugendlichen, die ihn im Strafverfahren verteidigt hat. Er könne die Sache mit einer Pauschalzahlung von 400 Euro bereinigen, die darf er auch in 8 Monatsraten bezahlen, und auf Anwaltskosten verzichte ich. Eigentlich ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. Seine Anwältin schon: sie zetert zurück, da könne ja jeder kommen, ich solle gefälligst erst mal eine Vollmacht vorlegen und überhaupt wäre mein Vorschlag „unlogisch“.

Dann eben nicht, die Klage ist schnell formuliert und wir sehen uns heute vor dem Amtsgericht Wedding. Der Räuber: 18 Jahre alt, Oberschüler, schmal, manierlich angezogen, ziemlich unsicher. Eigentlich keiner, dem man einen Raubüberfall zutrauen würde. Die Richterin, sehr freundlich, fragt ihn, mit welchem Ziel er sich heute gegen die Klage verteidigt. Er weiß es nicht, er kennt nicht einmal den Unterschied zwischen dem – längst beendeten – Strafprozess und diesem Schadensersatzprozess. Seine Anwältin hat es ihm offensichtlich nicht erklärt. Die Anwältin: ca. 50 Jahre, fett, verlotterte Haare, rote Nase, uralte Strickjacke, Jeans, deren Schritt in Höhe der Kniekehlen hängt. Ergebnis von heute: Der junge Mann muss nun, einschließlich Kosten, weit über 1.000 Euro abstottern, obwohl mein Mandant ihm sogar noch entgegenkommt. Dafür kann er sich bei der Kollegin mit der Strickjacke bedanken. Es gibt eben Freunde, wenn man die hat, braucht man keine Feinde mehr…

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