Archiv für Oktober 2012

Wer zahlt den Mäkler?

(10.11.2012) Eine Bundesratsinitiative des Hamburger Senats will gesetzlich regeln, dass die Gebühren des Maklers (im BGB heißt er übrigens immer noch „Mäkler“), der Wohnungen vermittelt, in Zukunft vom Vermieter gezahlt werden müssen. Während ich sonst meistens etwas zu mäkeln habe: das wäre eine sinnvolle Regelung.

Und zwar erst recht, wenn auch die Maklerkosten bei Verkäufen von Immobilien an Endverbraucher in Zukunft stets vom Verkäufer gezahlt werden müssten. Das würde der Gerichtsbarkeit in Zukunft nicht nur eine Unzahl von Prozessen ersparen, die über die Verpflichtung zur Zahlung von Maklergebühren jährlich neu geführt werden und zu einer kaum mehr überschaubaren Einzelfallrechtsprechung geführt haben; es würde wahrscheinlich endlich auch etwas Preiswettbewerb in das Maklerwesen bringen. Ein solcher Preiswettbewerb ist derzeit nicht erkennbar (obwohl die Makler in Zeiten von immoscout fast keine Vorleistungen finanzieller Art mehr erbringen, kassieren sie durchgängig 7,12 % des Kaufpreises ab). Warum nicht? Weil die Courtage in der Regel nicht von dem bezahlt wird, der sie bestellt hat. Scheinbar zumindest. Denn natürlich machen sich die Verkäufer selbst etwas vor, wenn es ihnen die Höhe der Courtage egal ist, weil ja „der Käufer“ (bzw. der Mieter) sie zahlt. Dass die Courtage die Immobilie verteuert und der Käufer/Mieter dann entsprechend weniger an den Verkäufer/Vermieter zahlen kann, vergessen sie dabei.

Aber genau das wird wahrscheinlich die Lust des Gesetzgebers, die Courtageauswüchse zu stoppen, deutlich dämpfen. Verdient der Staat doch keinesfalls schlecht an den Maklern. Allein die Umsatzsteuer auf die Maklercourtage, ohne die heutzutage fast keine Wohnimmobilie mehr zu erwerben ist, beträgt immerhin noch einmal 1,12 % des Kaufpreises – ein ordentlicher Aufschlag auf die 5 % Grunderwerbsteuer, mit der der Staat ohnehin schon an jedem Grundstücksgeschäft mitverdient. Und da – in Verkaufsfällen – die Courtage den Anschaffungskosten zuzurechnen ist, kann sie allenfalls mit 2 % des Gebäudewertes jährlich abgeschrieben werden, während sie beim Makler voll der Einkommensteuer unterliegt.
Somit werde ich auch noch in Zukunft was zu mäkeln haben – wenn mich auch niemand dafür bezahlt…

Ärger mit dem Ferienhaus in Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch? Amtsgericht um die Ecke ist zuständig

(23.10.2012) Wer bei einem Reiseveranstalter ein Ferienhaus im Europäischen Ausland mietet und Ärger hat, muss nun nicht mehr z.B. beim district court für llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch auf Anglesey klagen oder beim giudice di pace in Reggio di Calabria, sondern kann das an seinem Wohnsitz tun. Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Amtsgerichts Schwerin bestätigt, nach dem die Gerichtszuständigkeit nach der Belegenheit einer Immobilie in den Fällen nicht gilt, in denen der Anbieter nicht identisch mit dem Grundstückseigentümer ist.

Herr Gauck, unterschreiben Sie dieses Gesetz nicht!

(18.10.2012) Wie zu erwarten steht, wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem sie die Genitalverstümmelung wehrloser Jungen legalisieren will, im Schnellverfahren durch den Bundestag gepeitscht werden.

Jedes Gesetz bedarf zu seinem Inkrafttreten der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten, Art. 82 Grundgesetz.

Dass Bundespräsidenten die Ausfertigung von Gesetzen verweigern, weil sie sie für verfassungswidrig zustandegekommen oder für materiell verfassungswidrig halten, hat Tradition.

Es würde Herrn Gauck gut anstehen, im vorliegenden Fall an diese Tradition anzuknüpfen. Denn nur so könnte eine Prüfung durch das Verfassungsgericht zustandekommen. Die geradezu teuflische Perfidie der Verfasser dieses Gesetzentwurfes ist es nämlich, dass sie eine solche Prüfung unbedingt verhindern wollen. Vorm Verfassungsgericht klagen könnte nur das Kind, dessen Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit mit Füßen getreten wird. Aber das Kind kann sich nur durch die Eltern artikulieren, die die Genitalverstümmelung ja gerade veranlasst haben. Mit anderen Worten, der Delinquent darf selbst entscheiden, ob ihm der Prozess gemacht wird oder nicht.

Nur wenn Herr Gauck das Gesetz nicht ausfertigen und es darüber zum Organstreit zwischen Bundestag und Bundespräsident kommen würde, würde eine Entscheidung über die Verfassungsgmäßigkeit der Genitalverstümmelung kommen. Und daran, dass sie verfassungswidrig ist, habe ich keinen Zweifel. Das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 1. April 2008 – 1 BvR 1620/04 –:

Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihres Kindes, macht ihnen diese Aufgabe aber zugleich auch zu einer zuvörderst ihnen obliegenden Pflicht. Dabei können die Eltern grundsätzlich frei von staatlichem Einfluss nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen (vgl. BVerfGE 107, 104 <117>). Maßgebliche Richtschnur für ihr Handeln muss aber das Wohl des Kindes sein, denn das Elternrecht ist ein Recht im Interesse des Kindes (vgl. BVerfGE 103, 89 <107>). Es ist ihnen um des Kindes willen verbürgt. Die elterliche Pflicht zur Pflege und Erziehung ihres Kindes besteht nicht allein gegenüber dem Staat, der über die Ausübung der Elternverantwortung zu wachen hat und verpflichtet ist, zum Schutze des Kindes einzuschreiten, wenn Eltern dieser Verantwortung nicht gerecht werden (vgl. BVerfGE 60, 79 <88>; 107, 104 <117>). Eltern sind auch – unmittelbar – ihrem Kind gegenüber zu dessen Pflege und Erziehung verpflichtet.

Das Kind hat eigene Würde und eigene Rechte. Als Grundrechtsträger hat es Anspruch auf den Schutz des Staates und die Gewährleistung seiner grundrechtlich verbürgten Rechte. Eine Verfassung, die die Würde des Menschen in den Mittelpunkt ihres Wertesystems stellt, kann bei der Ordnung zwischenmenschlicher Beziehungen grundsätzlich niemandem Rechte an der Person eines anderen einräumen, die nicht zugleich pflichtgebunden sind und die Menschenwürde des anderen respektieren. Dies gilt auch für die Beziehung zwischen einem Elternteil und seinem Kind. Das Elternrecht dem Kind gegenüber findet seine Rechtfertigung darin, dass das Kind des Schutzes und der Hilfe bedarf, damit es sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft entwickeln kann, wie sie dem Menschenbild des Grundgesetzes entspricht (vgl. BVerfGE 24, 119 <144>). Dieses Recht ist deshalb untrennbar mit der Pflicht der Eltern verbunden, dem Kind diesen Schutz und diese Hilfe zu seinem Wohl angedeihen zu lassen. Dabei bezieht sich diese Pflicht nicht lediglich auf das Kind, sie besteht auch gegenüber dem Kind. Denn das Kind ist nicht Gegenstand elterlicher Rechtsausübung, es ist Rechtssubjekt und Grundrechtsträger, dem die Eltern schulden, ihr Handeln an seinem Wohl auszurichten.

Beschneidung

(15.10.2012) Jetzt liegt er also vor, der Gesetzentwurf zur Legalisierung der männlichen Genitalverstümmelung:

§ 1631d
Beschneidung des männlichen Kindes
(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.

In Zukunft darf – nein, muss – also die Polizei einen elfjährigen Jungen, der nicht beschnitten werden will und daher vor den Eltern wegrennt, ihn seinen Eltern ausliefern, die ihn gegen seinen Willen und ohne dass sie dies irgendwie begründen müssen, auf dem Operationstisch fixieren und ihm von einem dazu bereiten Arzt einen Teil seines Genitals entfernen lassen dürfen.

Wer den Schniedel eines minderjährigen Jungen fotografiert und das Bild ins Netz stellt, wird wegen Verbreitung von Kinderpornographie bestraft – selbst sich ein solches Bild anzuschauen, ist strafbar.

Wer ihm den Schniedel stattdessen gleich abschneidet, geht straflos aus. Mit was für Perversionen will uns der Gesetzgeber eigentlich noch beglücken?