Archiv für Juli 2012

„Das Wohl des Kindes ist nicht verhandelbar“

(19.07.2012) Links zur „Beschneidung“:
„Das Wohl des Kindes ist nicht verhandelbar“
„Warum Karlsruhe über die Beschneidung urteilen sollte“
Volker Beck kritisiert „Hopplahopp“ bei Beschneidungs-Resolution
Bundestag stimmt Entschließungsantrag zur Beschneidung zu

Recht vor Glaube

„Die Beschneidung von Jungen ist ein Unterdrückungsinstrument“

„Das Recht und sein Preis“

(19.07.2012) So lautet der Titel eines Buches. Jemand hat zwei Bücher mit diesem Titel direkt beim Verlag bestellt, geliefert bekommen – und den Preis von 49,80 € nicht bezahlt. Jetzt hat mein Verleger mich beauftragt, die Rechnung einzuklagen. Dann kommt der Preis des Rechts noch zu dem Preis des Buchs dazu. Es können bis zu 253,50 € werden. Nachzurechnen hier. Sollte der Anbetroffene dies lesen, hat er noch bis Dienstag Zeit, Versäumtes nachzuholen. Dann beginnen die Mühlen zu mahlen.

„Ein brillianter Jurist …

(19.07.2012) … und ein ausgewiesener Experte“, sagt Bundesinnenminister Friedrich über den designierten neuen Chef des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen.

Aus dem Wirken dieses Juristen ist bekannt, dass er sich als Referatsleiter im Innenministerium juristische Winkelzüge ausdachte, um den – wie sogar die Amis selbst zugaben – von diesen zu Unrecht verschleppten und über vier Jahre in Guantanamo eingebuchteten Murat Kurnaz nicht wieder nach Deutschland lassen zu müssen. Dessen Aufenthaltsgenehmigung, so Maaßen in einem Vermerk, sei schließlich erloschen, da er sich länger als sechs Monate im Ausland aufgehalten habe. Das Verwaltungsgericht Bremen fand Herrn Maaßens zynische Rechtsauffassung nicht so brillant…

Ich würde so jemanden eher als furchtbaren Juristen bezeichnen.
In jeder Hinsicht.

Das Testament im Kochbuch

(18.07.2012) Die Frau hatte auf Bitten ihres Mannes dessen handschriftliches Testament kopiert. Das Originaltestament war nicht mehr auffindbar.
Zehn Jahre nach dem Tod des Mannes las sie in einer Fernsehzeitschrift, dass auch durch die Kopie eines Testaments ein Erbrecht bewiesen werden kann. Sie holte die alte Kopie aus dem Kochbuch, in dem sie sie aufbewahrt hatte, und bekam vor dem OLG Naumburg recht (Geschäfts-Nr.: 2 Wx 60/11).
Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, gleich mal einen Anwalt zu fragen. Denn wieviel von dem Erbe nach 10 Jahren plus der Prozessdauer noch übrig war, ist nicht bekannt.
Auch nicht, ob es Thüringer Klöße oder Spaghetti Puttanesca waren, zwischen denen sie die Kopie gebunkert hatte.

Taxi statt Porsche

(18.07.2012) Das Landgericht Wuppertal hat entschieden: wem sein 150.000-Euro-Porsche-Carrera-Cabrio-Spaßmobil beschädigt wird, dem kann trotzdem zugemutet werden, für die sechs Tage der Reparatur mal mit dem Taxi zu fahren. Denn das wäre im vorliegenden Fall deutlich billiger gewesen, als sich für eine Fahrleistung von 241 km und 1.700 Euro ein gleichartiges Auto zu mieten. So musste der Arme nun die Mietwagenkosten selbst berappen – und die Prozesskosten dazu. Mein Mitleid hält sich in Grenzen…

„Nun hat mich das Urteil aber nachdenklich gemacht“

(15.07.2012) Auch einmal eine nachdenkliche Stellungnahme eines Grünen (und Muslims)

Herr Kilic, lassen Sie Ihre beiden Söhne jetzt noch beschneiden?
Darüber muss ich noch mit meiner Frau reden. Vermutlich wären wir einfach der Tradition gefolgt. Nun hat mich das Urteil aber nachdenklich gemacht. Die beiden sind ein und acht Jahre alt. Es könnte womöglich besser sein, wenn meine Söhne in späteren Jahren selbst entscheiden dürfen, ob sie dieses Merkmal unserer Religion tragen wollen oder nicht. Denken Sie nur daran: im Petitionsausschuss beschäftigen wir uns gerade damit, ob man Pferde wirklich brandmarken muss oder ob es nicht mildere Verfahren gibt. Da sollte die Frage nach der Beschneidung kleiner Jungen auch kein Tabu sein.

Verfassungsrichter finden sich verfassungsgemäß

(14.07.2012) Das höchste deutsche Gericht ist nicht das Amtsgericht Titisee-Neustadt (846 m über dem Meeresspiegel), sondern das Bundesverfassungsgericht. Es klopft Regierung, Bundestag und anderen Gerichten regelmäßig auf die Finger, wie es seine Aufgabe ist, und die Lektüre seiner Entscheidungen empfinde ich selbst dort, wo ich die Meinung des Gerichts nicht teile, fast immer als einen juristischen und intellektuellen Genuss. Aber wie bei den meisten Menschen leidet wohl auch bei den Verfassungsrichtern die Urteilskraft, wo es um eigene Belange geht. Eine Entscheidung des Gerichts, die ich weder richtig noch brilliant begründet finde, ist die in eigener Sache zum sogenannten Zwölfergremium des Bundestages, in dem die Parteien in einem Hinterzimmer auskungeln, wer Verfassungsrichter werden darf. Im Grundgesetz heißt es, dass die Richter zu gleichen Teilen vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt werden. Von dem Hinterzimmer ist im Grundgesetz nicht die Rede. Dennoch haben die Verfassungsrichter diesen Wahlmodus als verfassungsmäßig anerkannt. Daran wird wohl auch die Kritik des Herrn Lammert in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung nichts ändern, denn Im Bundestag „dürfte ein solcher Vorstoß derzeit keine Aussicht auf eine Mehrheit haben“ (so die Süddeutsche Zeitung).
Es lebe das Hinterzimmer!

Beschneidungsurteil IV

(13.07.2012) Während zuvor Stimmen laut geworden waren, man wolle über die Frage der Beschneidung ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten, scheint sich jetzt eine breite Koalition der Befürworter einer gesetzlichen Regelung zu bilden: CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne wollen in seltener Einmütigkeit die Beschneidung gesetzlich erlauben. Ich erlaube mir eine Spekulation darüber, warum: ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Thema möchte man lieber vemeiden. Denn die Abwägung eines vermeintlichen religiösen Elternrechts auf Beschneidung ihrer unmündigen Kinder gegen das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit könnte durchaus zugunsten der Kinder und zuungusten der Religion ausfallen. Denn auch die Verfassung gestattet die ungestörte Entfaltung der Persönlichkeit gemäß deren subjektiver Glaubensüberzeugungen nur, solange sie nicht in Widerspruch zu anderen Wertentscheidungen der Verfassung geraten und aus ihrem Verhalten deshalb fühlbare Beeinträchtigungen für das Gemeinwesen oder die Grundrechte anderer erwachsen (BVerfG, Urteil vom 11.04.2972 – 2 BvR 75/71). Ein Urteil des Verfassungsgerichts, demzufolge die Beschneidung Minderjähriger unzulässig ist, will aber offenbar kein Politiker riskieren. Und sie werden eine gesetzliche Regelung finden, die den Weg zum Verfassungsgericht unmöglich macht – wo kein Kläger ist, ist kein Richter. Wie auch? Klagen kann nur ein Bürger, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt – aber wer vertritt das Baby, das beschnitten werden soll? – daneben nur die Bundes- oder eine Landesregierung oder Abgeordnete, die zusammen 1/4 der Mitglieder des Bundestages stellen (§ 13 Nr. 6 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes). Der „Triumph antireligöser Eiferer“, als den die religiösen Eiferer das Kölner Urteil schon bezeichnet und es mit dem Holocaust verglichen haben, wird also ausbleiben. Auf der Strecke bleiben die Rechte unmündiger Kinder, die sich nicht wehren können. Denn wie eine gesetzliche Regelung aussehen soll, die die religiös motivierte Beschneidung eines Jungen erlaubt, es aber einer afrikanischen Mutter verwehrt, ihre Tochter rituell zu beschneiden, ist mir rätselhaft.

Beschneidungsurteil III

(11.07.2012) Morgen abend Podiumsdiskussion zum Thema Beschneidungsurteil. Die theologische Fakultät der Humboldt-Universität lädt ein. Außer einem Professor Jan Roggenkamp, der in erster Linie durch Veröffentlichungen zum Internetrecht aufgefallen und dessen Position zur Beschneidung mir nicht bekannt ist, sitzen offenbar nur ausgewiesene Beschneidungsfreunde auf dem Podium, einschließlich einer gewissen Frau Künast. Wieso wird nicht zum Beispiel ein Herr Rainer Ponitka vom IBKA eingeladen, der Strafrechtsprofessor Holm Putzke, Frau Irmingard Schewe-Gerigk (Terre des Femmes) oder Horst Isola aus dem Bundessprecherkreis der SPD-Laizisten?
Nachtrag: Ich war bei der „Podiumsdiskussion“. Diese war eigentlich keine, denn bereits nach den Eingangsstatements des Moderators, Prof. Dr. Markus Witte, Leiter des Instituts Kirche und Judentum an der Humboldt-Universität, und der Diskutanten, der Frau Künast, des Herrn Prof. Dr. theol. Jens Schröter, Dekan der Theologischen Fakultät, Humboldt-Universität zu Berlin, des Herrn Prof. Dr. jur. Jan Dirk Roggenkamp, Professor an der Polizeiakademie Niedersachsen und
Levi Salomon, Sprecher des JFDA (Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus) war klar, dass sie sich, wenn auch mit in der Begründung wechselnden Schwerpunkten, in der Sache vollkommen einig waren: das Urteil bzw. die durch es geschaffene Rechtslage muss weg. Eltern müssen ihre unmündigen Kinder beschneiden dürfen. Alle kuckten etwas bedripst, da die Diskussion zu Ende schien, bevor sie begonnen hatte, und und Herr Schröter sah sich bemüßigt, von sich aus noch ein paar Argumente der Beschneidungsgegner zu zitieren, natürlich mit der gleichzeitigen Bemerkung, dass er sie nicht teile. Mehrfach, auch aus dem Auditorium, wurde die Hoffnung geäußert, das Bundesverfassungsgericht würde die Beschneidung Minderjähriger legitimieren. Wenn die sich da mal nicht täuschen…

Vorsicht bei Mietkürzung wegen Mängeln

(11.07.2012) Das BGB (§ 536) gibt dem Mieter ein Recht, die Miete zu kürzen, wenn die Mietsache (z.B. die Wohnung) mangelhaft ist und der Vermieter für den Mangel verantwortlich ist. Aber das geschieht sozusagen auf eigene Gefahr. Denn wenn der Vermieter bestreitet, dass die Wohnung mangelhaft ist, kann er wegen der aufgelaufenen Mietrückstände kündigen. Jedenfalls dann, wenn sie zwei Monatsmieten erreichen. Stellt sich dann hinterher heraus, dass tatsächlich kein Mangel vorlag, den der Vermieter zu vertreten hatte, nutzt es dem Mieter auch nichts mehr, wenn er die Rückstände nachzahlt – die Kündigung war dann wirksam und er muss raus. So jedenfalls der Bundesgerichtshof in einer heute veröffentlichten Entscheidung (Geschäfts-Nr.: VIII ZR 138/11). Sicherer ist es, unter Vorbehalt weiterzuzahlen und dann auf Rückzahlung zu klagen. Dazu braucht man freilich einen Anwalt…