Archiv für April 2011

Entschädigung bei Flugverspätung

Die Maschine meines Mandanten von Lyon nach Brüssel ist verspätet – einfach so, ganz ohne Vulkanausbruch, Fluglotsenstreik oder EHEC. Er bekommt seinen Anschlussflug nach Berlin nicht und muss in Brüssel übernachten. Nach EU-Verordnung müsste die Fluglinie ihn mit 250 EUR entschädigen. Er bittet per E-Mail um Überweisung und nennt seine Kontonummer. Keine Zahlung, keine Antwort, nichts. An dieser Stelle geben die meisten Fluggäste frustriert auf. Er nicht und beauftragt mich. Ich setze eine Zahlungsfrist von zwei Wochen, danach, so kündige ich an, werde ich ohne weitere Korrespondenz Klage erheben. Die Frist ist längst verstrichen, als sich die Fluglinie meldet. Sie bedauert, dass mein Mandant Unannehmlichkeiten gehabt habe. Zahlen müsse und werde man allerdings nicht. Na schön, die Klage ist ohnehin schon eingereicht… Ein paar Wochen später kommt Post vom Anwalt der Gesellschaft: ich soll die Klage zurücknehmen, sie zahlt die Entschädigung, die Anwalts- und Gerichtskosten. Mit einer Einschränkung: sollte der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung ändern, behalte man sich vor, die Zahlung zurückzufordern. Von mir aus… – nur, warum nicht gleich so? Ich weiß es. Die Anwalts- und Gerichtskosten, die die Fluglinie zu tragen hat, betragen rund 80 EUR. Das heißt, wenn in vier Fällen die Fluggäste frustriert aufgeben und ihr Recht nicht geltend machen, lohnt es sich immer noch für die Fluglinie, ihre Passagiere zu veralbern. Tatsächlich dürfte das Verhältnis eher bei 100:1 liegen.

Der Gekniffene bin ich, denn die Anwaltsgebühren bei diesem Streitwert sind leider nicht kostendeckend…