Allgemein

So verprellt man Kunden

(07.09.2011)

E-Mail an Nestlé, nachdem ich in deren Laden Nespresso-Kapseln im Wert von rund 300 EUR kaufen wollte und nicht bekam:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wollte heute mehrere Kartons Nespresso-Kapseln in Ihrer Filiale im KaDeWe Berlin kaufen. Ich wurde nach meinem Kundenkonto befragt, sah aber keine Veranlassung, bei einem Barverkauf meinen Namen zu präsentieren, worauf man mir sagte, dann könne man nach einer Anweisung von oben mir diese Menge nicht verkaufen. Ich habe daraufhin verärgert den Laden verlassen.

Ich weiß nicht, wieso Sie auf diese Weise mit Ihren Kunden umgehen und ob Sie dem MfS oder der NSA bei deren Datensammelwut nacheifern wollen, werde aber keine Nespresso-Kapseln mehr kaufen, solange Sie sich nicht entschuldigen und diese Ihre Praxis wieder aufgeben.

Mit freundlichen Grüßen

Lothar Müller-Güldemeister

P.S.: Im Übrigen bitte ich Sie unter Hinweis auf die entsprechenden Bestimmungen des BDSG, meine bei Ihnen vorhandenen Daten über mich und mein bei Ihnen bestehendes Kundenkonto zu löschen.

§ 35 BDSG
Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten
(1) Personenbezogene Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Geschätzte Daten sind als solche deutlich zu kennzeichnen.
(2) Personenbezogene Daten können außer in den Fällen des Absatzes 3 Nr. 1 und 2 jederzeit gelöscht werden. Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn

[…]

3. sie für eigene Zwecke verarbeitet werden, sobald ihre Kenntnis für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist.

Rechtsstaat und Demokratie

(29.08.2016) Mit kaum einem Begriff wird soviel Schindluder getrieben wie mit dem der Demokratie. Auch lupenreine Autokraten wie Putin, Ortega, Mugabe, Erdogan, Lukaschenko, Chavez, Mursi oder Assad sind durch Wahlen an die Macht gekommen oder versuchen, sich durch solche zu legitimieren. Selbst für Adolf Hitler gilt das, und der Stasi-und Mauermörder-Unrechtsstaat nannte sich gar „Deutsche Demokratische Republik“. Jeder Putin-Fan, Erdogan-Jubelgröler, Ex-NVA-General oder Neonazi darf sich also ohne rot zu werden als Demokrat bezeichnen. Tatsächlich ist eine Demokratie, die kein Rechtsstaat ist, eine Demokratie nur dem Namen nach. Sie ist nichts anderes als eine Diktatur des Pöbels, genauer: derer, die auf der Klaviatur des Pöbels zu spielen und sich seiner Stimmen zu bedienen vermögen. Das Bekenntnis zur Demokratie ist daher wohlfeil und überhaupt nichts wert, wenn es nicht von einem aus Überzeugung kommenden Bekenntnis zum Rechtsstaat begleitet wird. Rechtsstaat bedeutet: Garantie unveräußerlicher Menschenrechte auch der Minderheit, das Gewaltmonopol des Staates verbunden mit einer Begrenzung staatlicher Gewaltausübung durch das Recht, Meinungsfreiheit, eine freie Presse, eine Justiz, die nicht nur der Papierform nach, sondern tatsächlich unabhängig ist, und vertrauenswürdige Institutionen mit definierten Kompetenzen, die all dies sicherstellen und verhindern, dass sich in einer Person zu viel Machtfülle ansammelt. ich würde lieber in einem Rechtsstaat leben, der keine Demokratie ist (zugegeben, ein solcher Staat ist mir nicht bekannt; Preußen oder auch England mögen in gewissen Phasen ihrer Geschichte zumindest tendenziell solche gewesen sein), als in einer der zahllosen nominalen Demokratien, die keine Rechtsstaaten sind.

Eine Klatsche für die Presse

(15.07.2016) Das Landgericht Berlin habe entschieden, dass der Polizeieinsatz in der Rigaer Straße rechtswidrig gewesen sei, dies sei eine „Klatsche“ für den Innensenator Henkel und die Polizei und so weiter und so weiter: es ist erschreckend, mit welchem Blödsinn der Zeitungsleser wieder einmal in der Berichterstattung über juristische Vorgänge zugemüllt wird. Auch in dem mit dem lateinischen Spruchband „rerum cognoscere causas“ (den Dingen auf den Grund gehen) werbenden „Tagesspiegel“, der jeden Morgen in meinem Briefkasten liegt. Jedenfalls, wenn der Zusteller nicht mal wieder verschlafen hat. Und welche juristisch vollkommen unbeleckten Journalisten dabei sich an der Desinformation der Menschen beteiligen, die sie doch zu informieren vorgeben. Ich möchte nicht den Ausdruck „Lügenpresse“ verwenden; aber mehr oder weniger ins Blaue hinein Behauptungen über Verhältnisse aufzustellen, von denen man nicht das Mindeste versteht, aber so zu tun, als wäre man bestens informiert, ist von der Lüge nicht weit entfernt.

Was war geschehen? Wenn ich einmal versuche, den Tatsachenkern aus dem Haufen an Informationen und Desinformationen aus den Zeitungen herauszuschälen, ergibt sich folgendes Bild. Offenbar hatte ein eingetragener Verein Räumlichkeiten in der Rigaer Straße seit einiger Zeit genutzt. Einen Vertrag mit dem Eigentümer, der ihm das gestattet hätte, gab es nicht. Der Eigentümer wiederum hatte Bauarbeiten in den Räumen durchführen wollen und Bauarbeiter ins Haus geschickt. Hierbei kam es zu Handgreiflichkeiten und die Polizei wurde geholt. Diese verwies daraufhin die Verantwortlichen des Vereins der Räume. Der Verein beantragte daraufhin offenbar beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, dass der Eigentümer ihm die Räumlichkeiten wieder zur Verfügung zu stellen habe. Der Richter am Amtsgericht hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Von einer solchen Zurückweisung wird der Antragsgegner nicht informiert. Gegen die Zurückweisung haben die Antragsteller Beschwerde beim Landgericht eingelegt (das ist aus den jeweiligen Aktenzeichen zu schließen). Das Landgericht hat dann mündliche Verhandlung angesetzt und den Eigentümer geladen. Zu dieser Verhandlung erschien der Anwalt der Eigentümer nicht – aus welchen Gründen auch immer. Er selbst befürchtete angeblich, Ziel eines Anschlags gewesen zu sein, nachdem vor seinem Haus ein Auto in Brand gesetzt worden war. Ob das der Grund war oder nicht, weiß ich nicht; auszuschließen ist es jedenfalls nicht. Wäre es zutreffend und hätte er das Gericht hiervon in Kenntnis gesetzt, wäre es allerdings erstaunlich, dass die Richterin dennoch die mündliche Verhandlung durchgeführt hat. Denn ist ein Beteiligter kurzfristig und unverschuldet daran gehindert, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, gebietet es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, den Termin zu verschieben. Nun hat das Gericht also in dem Einstweiligen Verfügungsverfahren ein Versäumnisurteil erlassen. Na und? Hieraus können so gut wie überhaupt keine Schlüsse gezogen werden, schon gar keine über die Frage der Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes.

Warum nicht? Weil bei einem Versäumnisurteil das Gericht ausschließlich auf der Grundlage dessen entscheidet, was der Antragsteller behauptet. Ein Recht, eigene Ermittlungen zum Sachverhalt anzustellen, hat das Gericht nicht. Hätte der Verein beispielsweise in dem Verfahren wahrheitswidrig behauptet, er hätte einen Mietvertrag und sei aufgrund des Mietvertrages berechtigt, die Räume zu nutzen, dann hatte das Gericht überhaupt keine Wahl, anders zu entscheiden, als es entschieden hat: der Eigentümer muss ihm den Besitz an den Räumen wiedergeben. Wir wissen aber nicht, was der Verein vorgetragen hat. Offenbar aber nicht einmal etwas ganz Eindeutiges, denn immerhin hat das Amtsgericht ja den Antrag des Vereins zunächst abgelehnt. Sicher hatte es dafür auch seine Gründe, und dass ein Richter am Landgericht immer schlauer und weiser ist als der Richter, dessen Entscheidung bei ihm überprüft wird, darf man getrost auch einmal anzweifeln.

Die Richterin hat somit nur über die Frage entschieden, ob das, was der Verein behauptet hat, ausreicht, um den Hauseigentümer zu verpflichten, ihm den – vorläufigen – Besitz an den Räumen wiederzugeben. Und auch das nur in einem Versäumnisurteil im Eilverfahren, das von dem Eigentümer jederzeit wieder aufgerollt werden kann.

Mehr nicht. Nicht über die Rechte des Hauseigentümers, nichts über die Frage, ob dem Verein ein Recht zur Nutzung zusteht oder er sich rechtwidrig in den Räumen aufhält, nichts über die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes und nichts über die Politik von Herrn Henkel.

Alles andere ist Blödsinn. Eine Klatsche hat nicht der Innensenator verdient und nicht die Polizei. Sondern die Presse.

Die böse Fee hat mal kurz weggeschaut

(29.11.2015) Anwälte gehören zu den Lieblingsfiguren in Film und Fernsehen. Leider hat da die böse Fee ihre Finger im Spiel. Haben die Rollen Ähnlichkeit mit Anwälten, die mir aus der Wirklichkeit bekannt vorkommen, dann sorgt sie dafür, dass sie clever sind, aber Kotzbrocken. Sind sie wirklichkeitsnah und keine Kotzbrocken, dann sind sie meistens nicht clever. Und sind sie keine Kotzbrocken und trotzdem clever, dann sind sie fast immer Figuren aus der Retorte. Darum hat die Figur des New Yorker Anwalts James Donovan in Spielbergs tollem Film „The Bridge of Spies“ Seltenheitswert. Tom Hanks verkörpert ihn glaubwürdig als äußerst klar im Kopf, selbst wenn er seine Grippe mit Whisky runterspült. Und trotzdem sympathisch bis in die Zehenspitzen.

Aber keine Angst: auch der Kotzbrocken kommt vor. Und er kommt mir sogar ziemlich bekannt vor…

Helmut Schmidt

(11.11.2015) Helmut Schmidt war fast genauso alt wie mein Vater, der vor sechs Jahren starb. Im politischen Sinn war auch er eine Vaterfigur für mich. Einer, zu dem man zuerst bewundernd aufblickt, dem man Dinge abschaut, von dem man lernt, an dem man sich später reibt, über den man sich ärgert, zu dem man als Erwachsener noch einmal ein ganz neues Verhältnis gewinnt und über den man trauert, wenn er von einem geht. Er war Teil meiner Lebensgeschichte. Mein politisches Interesse erwachte, als er die Hamburger Flutkatastrophe managte. Er war für mich der Grund, 1974 in die SPD einzutreten. Und der, acht Jahre später wieder auszutreten – nachdem sie ihn schmählich im Stich gelassen hatte. Ich habe, mit meiner einjährigen Tochter auf den Schultern, an dem Fackelzug vor sein Haus in Langenhorn teilgenommen, als er von Kohl, Genscher und Lambsdorff abgewählt worden war. Ich habe es bewundert, wie er sich danach einer neuen Aufgabe als Publizist und scharfzüngiger Analytiker der politischen Entwicklung gewidmet hat, anstatt – wie andere Politiker – in ein Loch der Bedeutungslosigkeit zu fallen oder seiner früheren Bedeutung nachzutrauern. Die intrigante Bräsigkeit seines Nachfolgers ging ihm ebenso ab wie die Großkotzigkeit seines Nach-Nachfolgers, und im Vergleich zu der ebenfalls protestantisch-nüchternen Angela Merkel machte es einfach mehr Spaß, ihm zuzuhören. Er war ein Multitalent, ein deutscher Weltbürger, er vereinte in seiner Person die preußisch-deutschen Tugenden, die lobenswert sind: fleißig, diszipliniert, unbestechlich, mit klarem moralischem Kompass und dennoch vollkommen unsentimental. „Eine Träne im Knopfloch“, dieses Ausdrucks hat er sich häufig bedient, wenn er nicht zugeben wollte, dass er sie in Wirklichkeit doch im Auge hatte. Ich dagegen gebe es zu, ich hatte welche in den Augen, als ich gestern von seinem Tod hörte, und er war der erste Politiker, eigentlich sogar der erste Mensch, den ich nicht persönlich kannte und dem eine solche Träne von mir zuteil wurde.

Anwälte und andere Erpresser

(07.09.2015) Vor 44 Jahren, ich studierte noch, taten sich Paul Kron, auch bekannt als „Diamanten-Paule“ und der Düsseldorfer Rechtsanwalt Heinz-Joachim Ollenburg zusammen. Sie kidnappten den Aldi-Chef Theo Albrecht, versteckten ihn in der Besenkammer von Ollenburgs Anwaltskanzlei und erpressten ein Lösegeld von 7 Millionen Mark. Sie wurden zu je 8 1/2 Jahren Haft verurteilt. Von dem Lösegeld tauchte rund die Hälfte nicht wieder auf; ob Ollenburg sich davon ein sorgenfreies Leben machen konnte, darüber spekulierte nicht nur der SPIEGEL nach dessen Entlassung.

Weniger erfolgreich war kürzlich ein Anwalt in Frankfurt. Was war geschehen?

Die Pächterin einer Gaststätte mit Hotel war pleite und zahlte ihre Pacht nicht mehr. Der Eigentümer kündigte den Pachtvertrag und verkaufte das ganze Objekt. Statt der Hausschlüssel bekam er am Stichtag ein Anwaltsschreiben überreicht. Der Anwalt – wohl wissend, dass der Eigentümer dem Käufer das Objekt kurzfristig geräumt übergeben musste – forderte für die gekündigte Pächterin achttausend Euro. Sonst würde sie eben nicht gehen, außer nach einem gerichtlichen Räumungsverfahren. Welches er schon hinauszuzögern wissen würde. Der Eigentümer war in der Zwickmühle: wenn die gekündigte Pächterin nicht räumte, konnte er dem Käufer das Hotel nicht zum vereinbarten Termin übergeben und hätte ihm einen hohen Schadensersatz zahlen müssen. Bei der alten Pächterin Regress zu nehmen war aussichtslos, da war nichts zu holen. Zähneknirschend zahlte er ihr das geforderte Geld. Und verklagte anschließend nicht sie, sondern ihren Anwalt. Denn das ganze Manöver, argumentierte er, sei nichts als eine Erpressung gewesen, und dazu hätte der Anwalt Beihilfe geleistet. Land- und Oberlandesgericht Frankfurt gaben dem Verpächter recht: der Anwalt musste die achttausend Euro berappen (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.06.2015 – 2 U 201/14). Immerhin, ins Gefängnis musste er wohl nicht…

Ob er nun wenigstens die achttausend Euro als Betriebskosten absetzen kann? Theo Albrecht konnte es mit seinen Millionen übrigens nicht, fand das Finanzgericht Düsseldorf.

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Synchronsprecher haben Anspruch auf Erwähnung im Abspann

(06.02.2015) Als ich klein war, wurden im Abspann der deutschen Fassung eines fremdsprachigen Films immer noch die Synchronfirma (meistens war es Wenzel Lüdecke) genannt und die wichtigsten Synchronsprecher. Und das, obwohl die Filmkopien weitaus teurer waren als es heute die Festplatten sind, auf denen die Filme in die Kinos geliefert werden, und jeder Zentimeter Zelluloid bezahlt werden musste. Im Zuge der allgemeinen Geizgeilheit haben die Verleihfirmen die Benennung des Synchronstudios und der Synchronschaffenden trotzdem klamm und heimlich entsorgt und in ihren vorformulierten Verträgen den Synchronschaffenden den Verzicht darauf aufgenötigt.

Dem hat das Landgericht Berlin jetzt erst einmal einen Riegel vorgeschoben. Sein Urteil vom 04.11.2015 – Geschäfts-Nr. 15 O 153/14 – ist in diesen Tagen rechtskräftig geworden.

Das Gesetz über Urheberrechte sagt in § 13:

Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.

und in § 74:

Der ausübende Künstler hat das Recht, in Bezug auf seine Darbietung als solcher anerkannt zu werden. Er kann dabei bestimmen, ob und mit welchem Namen er genannt wird.

Synchronsprecher, so das Landgericht, sind ausübende Künstler, und ihre Rechte können in vorformulierten Verträgen nicht abbedungen werden:

Die Bestimmungen zum Urheberbenennungsrecht (§§ 13, 74 UrhG) gehören zum Urheberpersönlichkeitsrecht und gewährleisten die Anerkennung der Urheberschaft des Schöpfers des Werkes in der Öffentlichkeit. Sie sind Ausdruck des ideellen Interesses des Urhebers, mit dem Werk in Verbindung gebracht zu werden, haben aber auch erhebliche materielle Bedeutung, weil die Urheberbezeichnung Werbewirkung entfalten und Folgeaufträge nach sich ziehen kann.

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind solche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, in denen von dem Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abgewichen wird. Dies, so das Landgericht, war hier der Fall.

Das wohlbegründete Urteil kann hier nachgelesen werden: 2014-11-04 LG Berlin Urteil 15 O 153-14

Zwar wirken Urteile nur zwischen den Parteien. Es ist also nicht auszuschließen, dass es zu weiteren Verfahren und dort zu abweichenden Entscheidungen, auch in höheren Instanzen, kommt. Allerdings ist das Urteil wohlbegründet und die Synchronfirmen werden sich genau überlegen müssen, ob sie das Risiko weiterer Verfahren eingehen wollen. Denn das Landgericht hat außerdem dem Kläger für die Nichterwähnung einen Schadensersatz in Höhe seiner ursprünglichen Gage zugesprochen. Dieser Schadensersatz könnte in späteren Fällen auch deutlich höher ausfallen.

Es gibt Freunde, wenn man die hat, braucht man keine Feinde mehr

(08.12.2014) Ein Jugendlicher hat Mist gebaut. Raubüberfall auf offener Straße. Der Anspruch des Geschädigten, eines Bekannten von mir, ist klar wie Kloßbrühe, daran gibt es nichts zu deuteln. Mein Mandant sinnt nicht auf Rache, er will großzügig sein, will die Sache aus seinem Kopf haben, ich sie vom Tisch. Ich schreibe der Anwältin des Jugendlichen, die ihn im Strafverfahren verteidigt hat. Er könne die Sache mit einer Pauschalzahlung von 400 Euro bereinigen, die darf er auch in 8 Monatsraten bezahlen, und auf Anwaltskosten verzichte ich. Eigentlich ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. Seine Anwältin schon: sie zetert zurück, da könne ja jeder kommen, ich solle gefälligst erst mal eine Vollmacht vorlegen und überhaupt wäre mein Vorschlag „unlogisch“.

Dann eben nicht, die Klage ist schnell formuliert und wir sehen uns heute vor dem Amtsgericht Wedding. Der Räuber: 18 Jahre alt, Oberschüler, schmal, manierlich angezogen, ziemlich unsicher. Eigentlich keiner, dem man einen Raubüberfall zutrauen würde. Die Richterin, sehr freundlich, fragt ihn, mit welchem Ziel er sich heute gegen die Klage verteidigt. Er weiß es nicht, er kennt nicht einmal den Unterschied zwischen dem – längst beendeten – Strafprozess und diesem Schadensersatzprozess. Seine Anwältin hat es ihm offensichtlich nicht erklärt. Die Anwältin: ca. 50 Jahre, fett, verlotterte Haare, rote Nase, uralte Strickjacke, Jeans, deren Schritt in Höhe der Kniekehlen hängt. Ergebnis von heute: Der junge Mann muss nun, einschließlich Kosten, weit über 1.000 Euro abstottern, obwohl mein Mandant ihm sogar noch entgegenkommt. Dafür kann er sich bei der Kollegin mit der Strickjacke bedanken. Es gibt eben Freunde, wenn man die hat, braucht man keine Feinde mehr…

Mit Ferienimmobilien getrickst? – Die Uhr tickt.

(11.11.2014) Dass in Südeuropa Steuerzahlen nicht gerade ein Volkssport ist, wird von so manchem deutschen Steuerzahler mit bosen Worten bedacht. Spanier halten z.B. ihre Immobilien gern in der Rechtsform einer „Sociedad Limitada“, denn dadurch lassen sich bei Erwerb, Verkauf und Vererbung manche Steuern sparen. Deutschen, die sich an dem südeuropäischen Volkssport der Steuervermeidung jedoch selbst beteiligt haben, kann dies jetzt böse auf die Füße fallen. Dafür hat zum einen ein Urteil des Bundesfinanzhofes vom letzten Jahr gesorgt, und wird in Zukunft der massiv ausgeweitete internationale Datenaustausch zwischen den Steuerbehörden sorgen. Und die Möglichkeiten zur einer strafbefreienden Selbstanzeige werden Ende dieses Jahres weiter eingeschränkt.

Wenn jemand eine Immobilie hat und selbst nutzt, gleich ob im In- oder Ausland, interessiert das den deutschen Fiskus (von Grundsteuern abgesehen) nicht. Steuern fallen nicht an, können auch nicht gespart werden. Ganz anders wird die Situation jedoch, wenn die Immobilie nicht einem selbst gehört, sondern einer Kapitalgesellschaft, deren Anteile ein Deutscher hält. Denn dann ist eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung an den Gesellschafter eine sogenannte verdeckte Gewinnausschüttung, die voll der Steuer unterliegt, und zwar gleichgültig, ob die Gesellschaft oder die Immobilie im In- oder Ausland liegt oder ihren Sitz hat. Als Gewinn zu versteuern ist dann der Mietzins, der für eine solche Immobilie ortsüblich ist. Wenn das beispielsweise 1.500 EUR pro Monat wären, also 18.000 EUR im Jahr, und das Ganze dann bis zu zehn Jahre in die Vergangenheit zurück. Da können schnell mal 90.000 EUR Nachzahlung zusammenkommen, zuzüglich Zinsen und ggf. Strafen. Im Zweifelsfall ist auch vergessen worden, den Anteilsbesitz dem Wohnsitzfinanzamt zu melden – das ist Pflicht, nach § 138 der Abgabenordnung.

Was tun? Die Immobilie aus der Gesellschaft rausnehmen und schnell ins Privatvermögen zurückführen? Wenn die Immobilie, seit sie in die Gesellschaft eingebracht wurde, an Wert gewonnen hat, oder wenn Abschreibungen vorgenommen wurden, unterfällt auch die Differenz zwischen Buchwert und heutigem Verkehrswert der Steuer.

Da ist guter Rat teuer und Eile geboten. Und wer seinem Steuerberater seine Spanien-Latifundien und seine trickreiche Konstruktion vorsichtshalber verheimlicht hat, täte vielleicht gut daran, nicht gerade ihn als ersten zu fragen, was er jetzt tun soll, wenn der die Steuererklärung für 2013 noch nicht angefertigt hat. Denn zwar ist der Steuerberater an sein Berufsgeheimnis gebunden, aber wissentlich eine falsche Steuererklärung anfertigen darf er mit Sicherheit nicht, ohne sich selbst strafbar zu machen oder seine Zulassung zu gefährden.

Von Frühstücksdirektoren und anderen Monstern

(02.06.2014) „Vor kriminellen Handlungen ist niemand gefeit“, meinte vor wenigen Tagen noch ein gewisser K.W. in Bezug auf das Geschäftsgebaren des technischen Direktors einer angeblichen und angeblich von ihm, K.W., beaufsichtigten Flughafenbaustelle. Liest man SPIEGEL online, so hört sich das schon ganz anders an:

So konnte offenbar der inzwischen wegen Korruptionsverdachts suspendierte Technikchef Jochen Großmann bereits in der Zeit, als er nur als Berater am BER tätig war, nahezu unkontrolliert lukrative Aufträge zur Umplanung der zentralen Entrauchungsanlage des Terminals auslösen und verteilen. Den Zuschlag erhielten Unternehmen, mit denen Großmanns Dresdner Unternehmensgruppe Gicon langjährige Geschäftsbeziehungen pflegt.

Konkret werfen die Ermittler Großmann vor, bei einer Auftragsvergabe an den niederländischen Planungskonzern Arcadis 500.000 Euro Schmiergeld gefordert zu haben. Großmann wollte sich unter Hinweis auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht zu den Vorwürfen äußern. Interne Unterlagen der Flughafengesellschaft legen zudem den Verdacht nahe, dass auch andere Vergabeverfahren Ungereimtheiten aufwiesen, die Flughafenchef Hartmut Mehdorn seit Herbst vorigen Jahres bekannt waren. So hatte die Arbeitsgemeinschaft Transparenz in vertraulichen Quartalsberichten bereits 2013 eine Reihe von Verstößen moniert.

Unter anderem sollen Aufträge in Höhe von 2,7 Millionen Euro freihändig vergeben worden sein, obwohl sie europaweit hätten ausgeschrieben werden müssen. Zudem seien mehrere Vergabe-Verfahren nur unzureichend dokumentiert worden. Anschlussaufträge seien als Nachträge deklariert worden. Ein Flughafensprecher bestreitet das; der Arbeitsgemeinschaft hätten für die Bewertung „maßgebliche Unterlagen nicht vorgelegen“.

Wie es jetzt aussieht, diente die technische Beurteilung der Entrauchungsanlage als „Monster“ durch Herrn Großmann in erster Linie dazu, Aufträge für befreundete Firmen einschließlich dazugehöriger Bestechungsgelder für ihn zu generieren. Dagegen wäre die Flughafengesellschaft also sehr wohl gefeit gewesen. Gegen die kriminelle Bräsigkeit ihres Geschäftsführers und ihres Aufsichtsratsvorsitzenden ist sie es anscheinend nicht.